Fall Aliyev: Deutscher Ex-Minister Schily fordert Haftbefehl (OTS 18.02.2013)

OLG bestätigt Verdacht gegen Aliyev-Verfahren nicht politisch motiviert

Deutscher Ex-Innenminister Dr. h.c. Otto Schily arbeitet mit Lansky, Ganzger + Partner zusammen.

Wien (OTS) – Die Vorwürfe gegen den ehemaligen kasachischen Botschafter in Österreich, Rakhat Aliyev (Rakhat Shoraz), haben nach Einschätzung des deutschen Ex-Innenministers Dr. h.c. Otto Schily, der die Opferinteressen in Deutschland wahrnimmt, eine Dimension angenommen, die nach europäischen Maßstäben eine Anklageerhebung in Österreich unumgänglich mache. “Die Causa hat eine europäische Dimension erreicht. Der Fall ist der EU-Kommissarin Vivian Reding und dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses im EU-Parlament, Klaus-Heiner Lehne, aufgefallen. Weder in Deutschland noch in Frankreich oder UK wäre ein Beschuldigter bei einer derart dichten Verdachtslage noch auf freiem Fuß”, sagte der Ex-Minister und Berliner Anwalt am Montag bei einem Pressegespräch mit dem österreichischen Anwalt Dr. Gabriel Lansky in Wien. Nachsatz von Schily: “Und schon gar nicht hätte er dort einen Fremdenpass erhalten.”

Causa von europäischer Dimension

Die Entführung und Ermordung der beiden Banker sei auf Grund der Verdachtslage in Hinblick auf Geldwäsche und organisierte Kriminalität längst eine europäische Causa. Österreich hätte Aliyev an Kasachstan ausliefern können, habe es aber nicht getan. Nun sei die konsequente Verfolgung der Straftaten in Österreich unumgänglich, so Schily.

Spätestens mit dem nunmehr vorliegenden rechtskräftigen Beschluss des OLG Wien zum Verdacht wegen Bildung einer kriminellen Organisation und Geldwäsche durch Aliyev und Mittäter sei klar, dass die Vorwürfe gegen Aliyev nicht politisch motiviert, sondern vielmehr durch österreichische Ermittlungen erhärtet worden seien, so Opferanwalt Gabriel Lansky: “Die politische Transformation Kasachstans hat mit den Straftaten Aliyevs überhaupt nichts zu tun. Das OLG hat ganz klar den Verdacht formuliert, dass Aliyev der Chef einer kriminellen Organisation ist, die sich mit Entführung und Erpressung fremdes Vermögen aneignet.” Und: “Mit dem Unsinn von der politischen Verfolgung Aliyevs muss Schluss sein. Der Fall gehört endlich vor ein unabhängiges österreichisches Gericht.”

OLG bestätigt massiven Verdacht: “Vorwürfe nicht politisch motiviert.”

“Das Oberlandesgericht Wien hat sich sehr intensiv mit dem Fall beschäftigt und sowohl die kasachischen wie auch die österreichischen Ermittlungsergebnisse analysiert”, so Opfervertreter Lansky. “Der Richtersenat kommt dabei zu der Erkenntnis, dass die Vorwürfe gegen Rakhat Aliyev nicht politisch konstruiert sind, sondern durch österreichische Ermittlungen erhärtet wurden. Das kasachische Urteil wurde dabei als klar und plausibel eingestuft.”

Die wesentlichsten Erkenntnisse aus dem Beschluss des OLG Wien sind somit:

  • Das OLG Wien sieht die  Ermittlungen der kasachischen Behörden nicht als “politisch kontaminiert”. Das OLG hält vielmehr fest, dass sich aus den im rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichts Almaty vom Jänner 2008 “plausibel und detailliert geschilderten Vorgängen” eine Verdachtslage zur Gründung einer kriminellen Vereinigung darstellen lässt.
  • Die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Wien erhärten die vom kasachischen Gericht getroffenen Feststellungen.
  • Es liegen somit massive Verdachtsmomente vor die eine Hausdurchsuchung rechtfertigen.
  • Die Aussagen der Opfer von Alieyev Armangul Kapasheva (Opferwitwe) und Abilmazhen Gilimov (Ex-Vorstandsvorsitzender der Nurbank) werden vom OLG Wien als glaubwürdig erachtet.
  • Der Verdacht der Geldwäsche wird vom OLG Wien sowohl “organisationsbezogen” begründet: demnach war Aliyev der Gründer und Leiter einer “stabil organisierten kriminellen Gruppe mit dem Ziel der Entführung von Menschen und anschließender Besitzergreifung von fremdem Vermögen durch Erpressung, Diebstahl, Verwendung gefälschter Dokumente (Urteil des BG Almaty).”
  • Dieser Verdacht wird auch Vortaten-bezogen begründet: demnach stammen die von Aliyev und seinem österreichischen Anwalt transferierten Vermögenswerte aus kriminellen Handlungen, insbesondere von Nurbank-Erpressungen.

Die Feststellungen des OLG Wien würden auch Aliyevs Kernargument im Mordfall Nurbank – Aliyevs behauptet, er sei Opfer einer Kampagne der kasachischen Führung – zunichtemachen, so Anwalt Lansky: “Aliyev ist kein politisches Opfer, das wird man jetzt auch im Mordverfahren zur Kenntnis nehmen müssen.”

Indizienkette mehr als dicht

Die Indizien gegen Aliyev und seine Mittäter im Mordfall Nur-Bank seien “mehr als dicht”, so die beiden Opferanwälte. Alle Ermittlungsergebnisse erhärten die Vorwürfe:

  • Über 30 Zeugenaussagen vor der Wiener Staatsanwältin Bettina Wallner belegen die Vorgänge rund um die Entführung, Erpressung, Folterung der späteren Mordopfer durch Aliyev und seine Gehilfen.
  • Österreichische Sachverständigen-Gutachten zur Identität der Leichen, zur Todesursache und zu den Folterspuren bestätigen die Zeugenaussagen und Ermittlungsergebnisse.
  • Weiters liegt die Erfassung der Handy-Rufdaten der Beschuldigten während der Entführung und am Tag der Morde vor.
  • Auch DNA-Analysen von an den Tatorten gefundenen Gegenständen bestätigen den von den Zeugen geschilderten Ablauf der Entführung und Folterungen.
  • Auch das Motiv – nämlich Streitigkeiten um Nurbank-Millionen – ist durch Ermittlungsergebnisse belegbar.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2012 hatte das Oberlandesgericht Wien unter Vorsitz von Richter Christian Dostal die begründete Verdachtslage gegen den früheren kasachischen Botschafter bestätigt und die Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung bei seinem Anwalt Christian L. abgewiesen.

Das OLG bestätigte den Verdacht gegen Aliyev wegen Bildung und Führung einer kriminellen Vereinigung in Kasachstan, die sich durch Erpressung, Unterschlagungen und Fälschungen fremdes Vermögen angeeignet habe. Diese Vermögenswerte – dreistellige Millionenbeträge – seien dann mit Hilfe von Treuhändern und Strohmännern in Europa angelegt worden, was den Tatbestand der Geldwäsche erfülle.

Unter den Geldwäsche-verdächtigen Transaktionen befinden sich auch Aliyevs Investment ins Media Quarter Marx und Zahlungen an den Fußballklub Vienna.

Erstmals in dem seit nunmehr sechs Jahren laufenden Verfahren liegt somit eine rechtskräftige Entscheidung eines österreichischen Gerichts vor, die festhält, dass die gegen Aliyev vorgebrachten Vorwürfe nicht politisch motiviert, sondern auf der Grundlage von Erhebungen der österreichischen Ermittlungsbehörden begründet sind. Dies gilt auch für das Hauptverfahren wegen des Verdachts der erpresserischen Entführung und des zweifachen Mordes, unterstreichen die Anwälte Schily und Lansky.

Gerichte arbeiten gut, wenn man sie lässt

Aliyev wird verdächtigt, im Jahr 2007 zwei Top-Manager der kasachischen Nurbank gemeinsam mit seinen Helfern entführt, gefoltert und ermordet zu haben. Aliyev war damals Hauptaktionär der Bank und verdächtigte die Manager, Gelder zu unterschlagen. Um Informationen zu erzwingen, hatten Aliyev und seine Helfer die Bankmanager tagelang gefangen gehalten, brutal gequält, mit Medikamenten “behandelt” und schließlich mit Plastiksäcken erstickt. Im Mai 2011 wurden die Leichen in Metallfässern auf einem Industriemüllplatz bei Almaty gefunden, auf einem Grundstück, das damals zu Aliyevs Firmennetz gehörte.

Anwalt Gabriel Lansky betonte, dass nunmehr schon mehrere unabhängige österreichische Gerichte den Tatverdacht gegen Aliyev bestätigt hätten: “Man sieht, dass die Gerichte sehr gut arbeiten können, wenn man sie lässt.”

“Anhand der Fälle Birnbacher, Strasser oder Telekom hat die österreichische Justiz gezeigt, dass sie in der Lage ist mit der innerösterreichischen Korruption aufzuräumen. Am Fall Aliyev wird sich zeigen, ob dies auch für den Umgang mit internationalen Mafiastrukturen zutrifft.”

Digitale Pressemappe mit Dokumenten und Fotos zum Download unter http://www.lansky.at/5.html

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