OÖ Nachrichten am 27.05.2011
Schweizer Experte kritisiert Österreich
WIEN. Der Schweizer Wirtschaftsprofessor und Präsident der OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Korruption im internationalen Geschäftsverkehr, Mark Pieth, kritisiert den Umgang Österreichs mit dem Phänomen der internationalen Geldwäsche.
Österreich werde auch von dubiosen Investoren als „Tor vom Osten in den Westen“ benutzt, die österreichischen Banken würden so zum Bindeglied zu US-amerikanischen und britischen Banken, sagte Pieth Dienstagabend bei einer Veranstaltung zum Thema „Österreich – Paradies für Geldwäscher?“ im Wiener Juridicum.
Das Problem Österreichs sei nicht die Gesetzeslage, sagte Pieth, sondern „die Banken mit ihren Compliance-Abteilungen“. Diese seien von der Finanzkrise derart betroffen gewesen, dass „sie jedes Geld aus dem Osten genommen haben, das sie kriegen konnten“.
„Globalisierung der Geldwäsche“
Das Verhältnis von 1400 Verdachtsmeldungen im Jahr 2009 zu zwölf Verurteilungen erklärte Rudolf Unterköfler, Leiter des Büros für Finanz- und Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt, mit der „Globalisierung der Geldwäsche“. Oft müssten die Vortaten im Ausland untersucht werden, und die Kooperation mit den Herkunftsländern erweise sich als kompliziert.
Der Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky sprach von „mangelndem Aufklärungswillen“ österreichischer Ermittler. Er erwähnte einen Fall (den Fall Rakhat Aliyev!), bei dem im Oktober 2020 eine umfangreiche Anzeige wegen Geldwäsche bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht wurde. „Und wenn Sie seit damals nicht eine einzige Reaktion hören, und wenn in Deutschland nach viel kürzerer Zeit und mit weniger detaillierten Angaben reagiert wird und bei uns nicht, dann fragt man sich, wieso ist das so?“, sagte der Anwalt.
Original post:
Schweizer Experte kritisiert Österreich bei Bekämpfung der Korruption (OÖ Nachrichten 27.05.2011)